EAG
Ökosoziale Kriterien im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
Ökosoziale Kriterien im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz

Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket (EAG) ist beschlossen. Herzstück bildet das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das insbesondere das Ökostromgesetz 2012 ablösen wird.
Mehrere Kurzmeldungen und Artikel sind zu mehreren Bereichen dieses Gesetzes bereits erschienen. Ein bislang wenig beachteter Punkt betrifft jedoch eine erst mit Abänderungsantrag vom 07.07.2021 in den Nationalrat eingebrachte Regelung und zwar der § 6a EAG mit dem Titel „Ökosoziale Kriterien“.
Diese Bestimmung sieht eine Verordnungsermächtigung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vor, die diese im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung am Wirtschaftsstandort ausüben kann. Demgemäß können mittels Verordnung Kriterien zur Förderung erhöhter sozial- und arbeitnehmerschutzrechtlichen Standards sowie zur Erhöhung regionaler Wertschöpfung festgelegt werden, die Voraussetzungen für den Erhalt von Förderungen aufgrund des EAG darstellen. Zu den gemäß § 6a Abs 2 aufgezählten Kriterien beinhalten die ersten drei Punkte arbeitsrechtliche Kriterien wie arbeitsrechtliche Bedingungen, arbeitsplatzbezogen Qualitätssicherungsmaßnahmen hinsichtlich Sicherheit oder Gesundheit und Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit und Gleichbehandlung.
Gerade für die Beschaffung von Anlagenkomponenten interessant ist jedoch § 6a Abs 2 Z 4, der als Kriterien die regionale (europäische) Wertschöpfung bei Komponenten vorsieht. In der Begründung des Antrags wird auf diese Ziffer 3 nicht eingegangen. Diese sieht jedoch offenbar vor, dass es für die Förderungswürdigkeit von erneuerbarer Energie auch ausschlaggebend sein kann, ob die entsprechende Wertschöpfung bei der Errichtung von Energieerzeugungsanlagen regional (europäisch) ist. Es soll somit offenbar einen Unterschied machen, ob Solarpaneele direkt in China eingekauft werden, oder bei regionalen (europäischen) Partnern.
Wie lässt sich diese Vorgabe nun am besten umsetzen? Im Zuge der Begutachtung der Regierungsvorlage zum EAG wurde auch der Plan diskutiert, dass jene Förderwerber eine höhere Förderung erhalten sollen, die bei Beschaffung von Anlagenkomponenten regionale Wertschöpfung betreiben. Dies wurde nun in dieser Form nicht umgesetzt. Vielmehr ist gemäß § 6a EAG nun die Erhöhung regionaler Wertschöpfung ausdrücklich als Voraussetzung für den Erhalt einer Förderung überhaupt vorgesehen.
Zu berücksichtigen ist auch wie die regionale Wertschöpfung im Lichte des Unionsrechts zu sehen ist: Regionale österreichische Waren dürfen nicht gegenüber sonstigen der Europäischen Union in irgendeiner Form (die etwa eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne der EU-Warenverkehrsfreiheit darstellen würde) bevorzugt werden. Dies würde einen Verstoß gegen die unionsrechtliche Warenverkehrsfreiheit gemäß Art 28 bis 36 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darstellen.
Der Schutzbereich der Warenverkehrsfreiheit umfasst einerseits Waren, die aus Mitgliedstaaten stammen oder aber auch Waren aus einem Drittland, die sich aber in einem Mitgliedstaat bereits im freien Verkehr befinden. Eine Ware stammt immer dann aus einem Mitgliedstaat, wenn sie in einem solchen hergestellt wurde (vgl. Streinz, Europarecht, 10. Aufl., Heidelberg 2016, Rn 903). Waren aus Drittstaaten befinden sich gemäß Art 29 AEUV im freien Verkehr eines Mitgliedstaates, wenn für die Waren in einem Mitgliedstaat die Einfuhrförmlichkeiten erfüllt sowie die vorgeschriebenen Zölle und Abgaben entrichtet wurden. Ein regionales Abstellen auf Österreich ist somit aus unionsrechtlichen Gründen nicht möglich.
Gemäß § 6a Abs 3 EAG sind entsprechende Nachweise über die Einhaltung der verordneten Kriterien bei Anträgen auf die Gewährung einer Marktprämie oder eines Investitionszuschusses vorzulegen. Wie diese Nachweise aussehen ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, jedoch werden hier wohl Ursprungszeugnisse, die die Herkunft in der Europäischen Union bescheinigen oder diesen vergleichbare Bestätigungen ausreichend sein.
Hintergrund dieses § 6a ist offenbar eine Beteiligung der österreichischen (bzw. europäischen) Volkswirtschaft an den Förderpaketen, die das EAG beinhaltet. Dies ist ein legitimer und nachvollziehbarer Ansatz. Ob es gelingt mit ökosozialen Kriterien tatsächlich Wertschöpfung verstärkt regional in Österreich zu schaffen, wird die Praxis zeigen.
Dr. Paul Oberndorfer
Dr. Klaus Oberndorfer